Rekordhoch im Bombenhagel
Börse Tel Aviv
Rekordhoch im Bombenhagel
Von Daniel Schnettler
Es klingt widersinnig: Mitten im Krieg steigt die Börse in Tel Aviv auf ein Rekordhoch. So geschehen am Sonntag, als die USA mit der Bombardierung iranischer Atomanlagen schneller als erwartet in den Krieg Israels gegen das Mullah-Regime eingestiegen sind. (In Israel wird am Sonntag gehandelt – dafür am Freitag nicht wegen des beginnenden Schabbat.)
Ein schnelles Kriegsende – das ist die Hoffnung, auf die die Anleger bauen. Denn wenn die Vereinigten Staaten unter Donald Trump eingreifen, dann sei der Sieg sicher, so die Denke. Dass es einen langen und blutigen Krieg geben könnte, blenden die Investoren aus. Dabei kommen die Einschläge wortwörtlich immer näher.
Kurzzeitige Kursrutsche
Damit stellt sich die Frage: Haben Anleger es verlernt, sich zu fürchten? Sind sie mittlerweile so abgebrüht, dass selbst Raketeneinschläge vor der eigenen Haustür sie zum Kaufen animieren?
Ein Rückblick in die jüngere Geschichte zeigt, dass auf Kriege tatsächlich Kursrutsche folgten. Beispiele sind der erste Irak-Krieg oder der russische Einmarsch in die Ukraine. Doch Hand aufs Herz: In beiden Fällen zogen die Kurse auch schnell wieder an und stiegen sogar in neue Höhen – und das, ohne dass die Konflikte in der Zwischenzeit gelöst wurden.
Kurzer Realitätscheck: Noch immer bombardieren russische Truppen ukrainische Zivilisten – und zeitgleich steht auch der Dax in Sichtweite seines Allzeithochs. Geopolitische Gefahren verlieren an den Märkten offensichtlich schnell an Schrecken.
Krieg als Restrisiko
Es wäre also wohlfeil, die israelischen Börsianer als Sonderfall abzustempeln. Auch hierzulande, weit weg von den Raketen und Bomben, erklären Volkswirte und Analysten landauf und landab, dass sie nicht von einer Eskalation in Nahost ausgehen.
Immerhin, etwas versteckt in den Marktkommentaren findet man sie dann doch: die Warnungen vor möglichen, heftigen Auswirkungen des israelisch-iranischen Krieges mit Ölpreis-Sprüngen und Aktienmarkt-Einbrüchen. Aber direkt mit dem Zusatz: Das ist eher unwahrscheinlich. Ein Restrisiko.